Nach dem amerikanischen Bürgerkrieg in den Jahren 1861 bis 1865 stand Texas durch seine hohen Kriegsschulden vor dem Bankrott. Es gab aber noch eine Möglichkeit, dieser Misere zu entkommen: Die Viehwirtschaft. In Texas gab es Millionen von verwilderten Rindern, die man Longhorns nannte. Diese Tiere wurden von den Spaniern eingeführt und kamen im Jahre 1690 über den Rio Grande nach Texas. Sie waren sehr robust und widerstandsfähig, da sie sich an das raue Klima in der Region gewöhnt hatten. In den Städten im Norden musste die Bevölkerung nach dem Bürgerkrieg hungern. So kam es, dass die Rinder in Texas für 2 bis 3 Dollar zu haben waren, während sie im Norden Spitzengewinne bis zu 86 Dollar einbrachten.


Die aus der Gefangenschaft heimgekehrten Texasrancher mussten die Tiere unter großen Mühen erst wieder einfangen. Dann mussten sie immer damit rechnen, dass ihre Herden und ihr Hof von den Steuereintreibern des Nordens gepfändet wurden. Die finanziellen Mittel, die zur Anschaffung der Ausrüstung benötigt wurden, reichten oft nicht aus. Außerdem mangelte es den Ranchern an Erfahrung und sie kannten die Wegstrecken nicht. Deshalb wurden die Herden Anfangs noch von professionellen Rindertreibern nach Norden getrieben. So gelang es Jim Daugherty im Jahre 1866 zum ersten Mal nach dem Bürgerkrieg eine Herde nach Fort Scott zu bringen. Später jedoch gingen auch einige Rancher das Risiko ein. Einige von ihnen verloren aber auf dem Weg dorthin durch Indianer und Banditen ihre ganze Herde und manchmal auch ihr Leben. Als Joseph G. McCoy 1871 den ersten Viehverladebahnhof in Abeline/Kansas errichtete, begann das große organisierte Viehtreiben von Texas in den Norden.


Von hier aus wurden die Rinder in Güterwagen verfrachtet und zu den Bestimmungsorten im Osten transportiert. Nach Abeline gab es weitere sogenannte Rinderstädte wie z. B. Ellsworth, Newton, Wichita und schließlich die größte und bekannteste, Dodge City. Bis 1895 nahmen ca. 35000 Cowboys am großen Viehtreiben teil. Ein Drittel davon waren Schwarze und Indianer. Die Indianer waren es auch, die das Vieh in einer Form hüteten, wie man es von den späteren Cowboys kennt. Sie erlernten diese Arbeit von den Spaniern, bei denen sie Kriegsgefangene waren. So hüteten sie das Vieh in den Missionen der Mönche. Die Indianer besaßen die Fähigkeit, tagelang auf einem Pferd zu reiten. Dabei trugen sie einen breitrandigen Hut und waren mit einer knielangen Hose bekleidet, die an den Seiten zugeknöpft war. All dies waren Utensilien, die auch die späteren Cowboys besaßen. In den ersten Jahren galt eine Herde als groß, wenn sie aus 1000 Rinder bestand. Später wuchs die durchschnittliche Größe auf 2500 bis 3000 Stück. Eine Herde von wesentlich mehr als 3000 Rinder galt als unwirtschaftlich, da es sehr schwierig war diese Menge unter Kontrolle zu halten. Aus diesem Grunde wurde eine Herde von beispielsweise 10000 Rindern in mehrere kleinere Gruppen aufgeteilt.


Die erste Aufgabe eines Ranchers oder eines "Trailbosses" bestand darin, einen Küchenwagen zu beschaffen, den sogenannten "Chuckwaggon". Dieser "Chuckwaggon" gehörte zum wichtigsten Utensil im Inventar. Der mit einem Segeltuch überspannte Wagen diente zum Transport der verschiedensten Geräte und der Lebensmittel. Außerdem war er zugleich die Küche des Trecks. Auf der Rückseite des Fahrzeugs befand sich die sogenannte "Chuckbox", eine Kiste, die ca. 1 Meter breit und 1,60 Meter hoch war. Sie war in mehrere Fächer unterteilt, in denen sich die Lebensmittel und das Kochgeschirr befanden. Bei der Rast im Lager konnte eine Klappe am Heck des Wagens geöffnet werde, die von zwei Holzbeinen gestützt wurde. Auf ihr wurden dann die Mahlzeiten zubereitet. Im Wagenbett befanden sich Geräte, wie Werkzeuge, Hufeisen, Äxte, Ersatzteile, Medikamente, Waffen und Munition. Der zweitwichtigste Mann nach dem "Trailboß" war der Koch. Seine Hauptaufgabe war zwar das Kochen und Schlachten, überdies musste er aber auch Holz sammeln, Haare schneiden, nähen, reparieren und manchmal auch Zähne ziehen. Zwar wurde der Koch von den Cowboy manchmal mit Bezeichnungen wie "Old Lady" oder "Oma" geneckt, dennoch hüteten sie sich davor, ihn all zu oft zu ärgern. Nicht selten war er ein hartgesottener Raufbold und Killer.


Als nächstes wurden die Cowboys engagiert. Hierbei wurden keine unnützen Fragen über ihre Vergangenheit gestellt. Was zählte war nur das, was sie konnten und das sie die Strapazen aushalten werden. So gab es kaum einen Cowboy, der nicht etwas auf dem Kerbholz hatte. Der "Trailboß", dem die Cowboys bis zum Bestimmungsort unterstanden, erhielt als Lohn 125 Dollar im Monat, die Cowboys selber 25 bis 40 Dollar, und der Koch erhielt ca. 5 Dollar mehr.


Außerdem wurden noch ein oder zwei sogenannte "Wrangler" benötigt. Das waren meist jüngere Männer, die sich um die Pferde kümmern mussten. Die Pferdeherden bezeichnete man als "Caballada", "Saddle-Band", "Cavvie-Yard" oder "Remuda". Jedem Cowboy standen 2 bis 7 Pferde zur Verfügung, von denen eins speziell für die Nacht verwendet wurde. Nachdem von einem Rancher oder einem Viehhändler die Herde zusammengestellt wurde, konnte das sogenannte "Roundup" beginnen. Hierbei wurde das Vieh von den verschiedensten Ranches zu einen zentralen Ort getrieben. An diesem Ort bekamen die Tiere das Brandzeichen des neuen Besitzers. Neben anderen Identifizierungsmerkmalen, wie z. B. die Ohrmarkierung, wurde dieses Brandzeichen dann in den Verkaufsauftrag ("Bill of Sale") eingetragen. Mit ihm konnte der "Trailboß" in den Rinderstädten den rechtmäßigen Besitz der Herde nachweisen.


Je früher sich der Treck in Bewegung setzte, desto besser waren die Wegverhältnisse, da es mehr Gras und Wasser gab. So lag z. B. der Startzeitpunkt in Südwest-Texas im März und April. An der Spitze der Herde, die man "Point" nannte, ritten die "Point Riders". Diese erfahrensten Cowboys mussten dafür sorgen, dass der vom "Trailboß" vorgegebene Weg eingehalten wurde. Außerdem waren sie hauptsächlich dafür Verantwortlich, eine Panik, die sogenannte "Stampede", unter den Rindern zu verhindern. An den Seiten ritten die "Swing"- bzw. die "Flank-Riders", die die Herde zusammenhalten mussten. Am Ende der Herde mussten sich die "Drag-Riders" mit den Rindern abmühen, die nicht mehr weiter wollten. Diese Männer hatten den undankbarsten Job, da sie den von der Herde aufgewirbelten Staub schlucken mussten. Der "Chuckwaggon" fuhr der gesamten Herde immer weit voraus, um an dem vom "Trailboß" vorbestimmten Lagerplatz schon frühzeitig die Vorbereitungen für das Essen treffen zu können.


In den ersten drei bis vier Tagen war man bestrebt, ca. 25 - 30 Meilen zurückzulegen. Die Rinder, die von den verschiedensten Ranches zusammengewürfelt wurden, waren in dieser Zeit noch nervös, da sie sich erst aneinander gewöhnen mussten. Außerdem brachte die täglich wechselnde Umgebung eine gewisse Unruhe in die Herde. Daher legte man in den ersten Tagen eine längere Strecke zurück, um das Vieh am Abend zu ermüden. Auch Schreien, Schießen oder Galoppieren wurde Anfangs vermieden.


Erst später, wenn sich die Herde an dem Treiben gewöhnt hatte, wurde die tägliche Strecke auf 10 bis 15 Meilen reduziert, um den Gewichtsverlust der einzelnen Rinder gering zu halten. Die Herde wurde von den Cowboys in einem gewissen Abstand ständig umritten. Dieser Kreis wurde zum Abend immer enger gezogen, damit das Vieh schließlich gezwungen war, sich niederzulegen. Dabei summten und sangen die Cowboys ein Lied, um die Herde zu beruhigen. Während der Rast im Lager hatten je zwei Mann Nachtwache. Je nachdem, wie ruhig die Herde war, mussten sie sich alle 2 bis 4 Stunden ablösen. Bei der Nachtwache mussten die Männer natürlich darauf achten nicht einzuschlafen, was nicht immer leicht war. Wer beim schlafen erwischt wurde, wurde auf der Stelle entlassen. Daher rieben sich einige Cowboys Tabak in die Augen, was einen ungeheuren Schmerz verursacht, wenn die Augenlieder zufielen.


Alle anderen Cowboys die sich schlafen legen konnten, hatten für den Fall eines Alarms ihr Nachtpferd fix und fertig gesattelt. Die größte Gefahr in der Nacht, aber auch am Tag, war die schon oben erwähnte "Stampede". Hierbei konnten die Rinder schon bei der kleinsten Kleinigkeit in Panik geraten. Manchmal genügte schon das aufglimmen einer Zigarette oder der Aufschrei von Wölfen. Auch Indianer oder Banditen lösten manchmal eine "Stampede" aus, indem sie absichtlich Lärm verursachten. Meistens wurde sie aber durch ein Gewitter hervorgerufen.


Wenn die Rinder bei einer "Stampede" davon rasten, mussten die Cowboys versuchen, die Herde zu überholen, um die an der Spitze rennenden Tiere zu erreichen. Diese mussten dann so abgedrängt werden, dass sie schließlich im Kreis liefen, der dann mehr und mehr enger gezogen wurde. Wenn den Cowboys das gelang, gab es keinen Schlaf mehr, denn eine "Stampede" konnte mehrmals in der Nacht erneut ausbrechen. Oft gelang es aber nicht, eine Rinderherde wieder unter Kontrolle zu bringen. Dann mussten die Tiere am nächsten Morgen mühsam wieder eingefangen werden, was mehrere Tage dauern konnte. Nach einer "Stampede" gab es immer Rinder mit gebrochenen Beinen. Diese mussten erschossen werden. Auch Tiere, die sich einfach nicht mehr beruhigen wollten, wurden getötet. Sie wurden dann am nächsten Ort billig verkauft.


Eine weitere Gefahr waren die Flussüberquerungen. Zwar hielt sich der Verlust an Rindern in Grenzen wenn der Fluss einen normalen Wasserstand hatte, bei Hochwasser gerieten die Leittiere aber leicht in Panik. Dann schwammen sie im Kreis herum, wobei eine größere Anzahl von Tieren ertrank. Auch Treibsand im Fluss konnte eine große Gefahr für Ross und Reiter bedeuten. Den "Chuckwaggon" heile rüber zu bringen, war das aufwendigste Unternehmen. Zuerst wurde die Ladung und die Zugtiere gesondert hinübergeschafft, dann wurde der Wagen an Leinen rüber gezogen. Eine Flussüberquerung bei Hochwasser nannten die Cowboys "Big Swimming".


Auch Indianer waren eine Gefahr. Es bestand immer die Möglichkeit dass diese eine "Stampede" verursachten, um entlaufenden Rinder für sich zu behalten. Und die Pferde der Cowboys waren ebenfalls eine begehrte Beute. Oft übergab der "Trailboß" den Indianern einige Rinder als Wegezoll, um Auseinander-setzungen zu vermeiden. Wenn die Herde eine Rinderstadt erreicht hatte, war das Viehtreiben vorbei. Hier konnte der "Trailboß" die Rinderherde entweder direkt an einen Viehhändler am Ort verkaufen oder an einem Viehhändler im Osten. Beim Letzteren sorgte er meistens dafür, dass die Herde in Frachtwagen verladen und an den Bestimmungsort transportiert wurde. Die lang anhaltende Trockenheit in den Jahren 1881 und 1882 und besonders der strenge Winter 1886/87 machten der Viehzucht viel zu schaffen. Die Rancher verlegten sich auf den Weizenanbau und auf die Schafzucht. Andere umgaben ihr Land mit Stacheldrahtzaun. Jetzt züchteten sie einheimisches Vieh. Zwar begann 1884 das Rindertreiben aus Texas erneut in größerem Maße, aber die Konkurrenz war durch das stationär aufgezüchtete Vieh zu groß. Außerdem waren diese Rinder gegenüber den Longhorns aus Texas zu empfindlich. Die Gefahr einer Übertragung des Texasfieber war zu groß. Schließlich gab es ein Gesetz, nachdem Texasrinder nicht mehr in den Norden eingeführt werden durfte. Damit verlor das große Viehtreiben immer mehr an Bedeutung und nach 1895 wurde es ganz beendet.

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